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Bioenergiedorf

Pressemitteilung 31.05.2013

Interview von der Firma Rehau AG mit Helmut Engert zum Nahwärmenetz für Streichental.

Projektleitung statt Rente – mit Helmut Engert hat Streichental das Original gefunden, das es für die Umsetzung eines Nahwärmenetzes in Rekordzeit braucht.

Darum gerissen hat er sich anfangs nicht, doch als er schließlich zugestimmt hatte, nahm das Projekt erst richtig Fahrt auf: Helmut Engert, Rentner aus Streichental und Projektleiter des Streichentaler Nahwärmenetzes. Vor gut einem Jahr gingen die Überlegungen los – eine Biogasanlage ist schon da, was tun mit der Wärme? Ein Nahwärmenetz wird für die sinnvollste Lösung gebunden und Helmut Engert zum Organisator berufen. Schon Anfang 2013 ist das Projekt in Rekordzeit erfolgreich über die Bühne gegangen. Und das Dank Helmut Engert, der unzählige Stunden investierte, um gemeinsam mit den richtigen Partnern, für eine wirtschaftliche und zugleich umweltverträgliche Wärmeversorgung der Streichentaler zu sorgen.

 

In einem Gespräch mit dem Projektpartner und Leitungshersteller REHAU berichtet Helmut Engert von der Geschichte hinter dem Projekt „Nahwärmenetz für Streichental“.

REHAU: Herr Engert, seit Januar dieses Jahres wird der Großteil der Streichental Haushalte über ein Nahwärmenetz mit der Abwärme aus einer Biogasanlage am Ortsrand von Streichental versorgt. Was waren die Beweggründe für den Bau des Nahwärmenetzes?

Helmut Engert: „Angefangen hat alles damit, dass Herr Haas, ein ortsansässiger Landwirt, vor zwei Jahren eine Biogasanlage gebaut hat. Sein Ziel war es, noch 2011 ans Netz zu gehen, um die entsprechenden Zuschüsse zu erhalten, sodass alles recht schnell gehen musste. Die Nutzung der Wärme war zunächst kein wirkliches Thema. Damit die Wärme nicht einfach so verpufft, war es uns wichtig, dass die Wärme sinnvoll genutzt wird. Und außerdem ist das ja auch ein finanzieller Aspekt, schließlich erhält man ohne Wärmenutzung auch keinen Wärmebonus. Da viele Anwohner ohnehin alte Heizungen hatten, die demnächst, auch in Hinblick auf das Emissionsgesetz, fällig werden, sodass jeder bestimmt gut 20.000 Euro in die Hand hätte nehmen müssen, entstand die Idee ein Wärmenetz zu bauen und so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.“

REHAU: Wie lange hat es dann von der Idee bis hin zum fertigen Wärmenetz gedauert?

Helmut Engert: „Im Januar 2012 habe ich eine erste Umfrage zum Anschlussinteresse im Dorf durchgeführt. Im April gab es dann eine erste Informationsveranstaltung und bis August hatten wir dann schon ein tragfähiges Konzept erarbeitet. Im September haben wir die „Nahwärmenetz Streichental GbR“ gegründet und auch die Bauaufträge vergeben. Baube- ginn war Anfang November und am 8. Dezember waren die Grabarbeiten auch schon abge-schlossen. Weihnachten haben schon die Ersten Anschlussnehmer Wärme über das Netz bezogen. Wir haben also genau 337 Tage für Planung und Bau gebraucht, bei einer reinen Bauzeit von 32 Tagen. Ein Wärmenetz innerhalb eines Jahres zu planen, bauen und in Be- trieb zu nehmen – das hat bisher noch keiner geschafft.“

REHAU: Ohne Sie wäre das Projekt wahrscheinlich nie realisiert worden, oder zumindest sicher nicht in diesem Rekordtempo. Wie kam es dazu, dass Sie zum Projektleiter des Nah- wärmenetzes wurden?

Helmut Engert: „Der Biogasanlagenbetreiber hat mich gefragt, ob ich nicht den Bau eines Wärmenetzes organisieren will. Wissen Sie, ich habe in meinem Leben drei Berufe erlernt. Ich war zuerst Landwirt, dann in der Industrie im Werkzeugbau und schließlich Elektroniker. Als Elektroniker war ich auch 20 Jahre im Außendienst und habe mit vielen Projekten zu tun gehabt, sodass die Projektorganisation für mich kein Neuland war. Also habe ich zugesagt und ich wusste, was auf mich zukommt. Aber mir war von Beginn an klar, dass das Ganze zügig über die Bühne gehen muss, schließlich habe ich mit 68 auch noch andere Pläne im Kopf. Also habe ich mich innerhalb von zwei Monaten in das Thema reingefuchst, vor allem mit Hilfe des Internets und der Informationen die mit Herr Lindorfer, der Außendienstmitar- beiter der Firma REHAU, zur Verfügung gestellt hat. Und als das Projekt erst mal beschlos- sen war, habe ich nicht locker gelassen, bei mir gibt´s einfach keine halben Sachen. Ich glaube, die Weichen wurden da bei mir schon früh gestellt, schon in meiner Schulzeit war ich zum Beispiel immer Klassensprecher.“

REHAU: Heißt das, Sie haben die gesamte Planung selbst übernommen?

Helmut Engert: „Ich habe von Anfang an gesagt: Wenn wir das machen wollen, dann muss es erschwinglich sein. Als Maximum habe ich 250.000 € angesetzt, das hieß, es musste ohne große Nebenkosten gehen. Ich habe schnell gemerkt, dass Viele, die ich nach Informa- tionen gefragt habe, nicht die Wahrheit gesagt haben und dann habe ich beschlossen: Ich gehe meinen eigenen Weg. Die Kosten für ein Ingenieurbüro wollte ich mir sparen und habe oft gehört: ,Das könnt ihr nicht allein’ – und wie wir können! Und ich bin nun mal so ein Kerl, der nie locker lässt. Also habe ich viele Angebote verglichen, mir Unterstützung von kompe- tenten Partnern geholt, die Dorfbewohner immer wieder angeschoben und angestoßen und viel Zeit, das waren über 500 Arbeitsstunden, und auch ein Paar Nerven investiert, aber letztlich haben wir das Ganze schnell und ohne Probleme durchgezogen. Es ist eigentlich alles gelaufen wie im Film. Trotzdem glaube ich das es keinen Zweiten gibt, der so blöd ist wie ich (lacht).“

REHAU: Wie genau werden die Streichentaler jetzt mit Wärme versorgt?

Helmut Engert: „Durch die Biogasanlage mit 300 kW thermischer Leistung werden 13 Haushalte und drei Schweineställe über 950 m vorgedämmte Leitungen mit Wärme versorgt. Das Wärmenetz betreibt die GbR. Der Anlagenbetreiber hat mit den ansässigen Landwirten Gülleverträge abgeschlossen und kann die Anlage so mit Gülle und Mais aus maximal 15 km Entfernung betreiben. Bei der ersten Bedarfsermittlung ergab sich eigentlich ein Wärme- bedarf von 440 kW, aber das lag daran, dass die alten Heizungen alle stark überdimensio- niert waren. Sicherheitshalber haben wir beschlossen, die alten Heizungen noch für das erste Jahr zu behalten, falls es doch knapp werden sollte, aber wir haben diesen Winter überstanden und hatten keinerlei Probleme, alle sind zufrieden. Deswegen bin ich sicher, dass wir die alten Heizungen bald abbauen können. Außerdem planen wir noch eine Wär- merückgewinnung in der Anlage, die noch mal 100 kW bringen wird, dann sind wir auf der absolut sicheren Seite. Die Anschlussnehmer mussten eine einmalige Anschlussgebühr von 3.000 € zahlen und haben nun einen mit dem Anlagenbetreiber auf 15 Jahre vertraglich festgesetzten Wärmepreis von 2ct. Das heißt umgerechnet, dass im Vergleich zur Ölheizung gut die Hälfte an Kosten eingespart werden kann.“

REHAU: Gibt es im Bioenergiedorf Streichental noch andere Projekte aus dem Bereich er- neuerbare Energien?

Helmut Engert: „Wir haben hier viele Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Zusammen mit der Biogasanlage macht uns das eigentlich stromautark. Wenn es nach mir ginge, ich hätte schon noch ein Paar Ideen. Zum Beispiel fände ich car-sharing mit Elektroautos eine gute Sache.“

REHAU: Was waren aus Ihrer Sicht die entscheidenden Erfolgsfaktoren des Wärmenetzpro- jektes?

Helmut Engert: „Ich muss sagen, der große Durchbruch war die kostenlose Planungsunter- stützung und Netzberechnung von REHAU. Dass diese Informationen aus einer Hand stammten, war mir wichtig, denn ich wollte einen konkreten Ansprechpartner, an den man sich wenden kann. Und ich muss sagen, es hat alles hundertprozentig gepasst, der Außen- dienstmitarbeiter kam öfters zu uns vor Ort und ich bin immer prompt bedient worden. Ge- meinsam haben wir uns einen gut durchdachten Trassenverlauf erarbeitet und so nochmals Geld sparen können. Und auch, dass der Bauleiter von der Tiefbaufirma Steinbrenner in seinem Heimatort schon ein Nahwärmenetz gebaut hatte, war von Vorteil. Überhaupt waren die Arbeiter von der Firma Steinbrenner sehr fleißig. So konnten wir also mit minimalen Ne- benkosten das Projekt in kürzester Zeit durchziehen. Auch wenn das natürlich viel Eigenar- beit bedeutete. Außerdem konnten wir in Sachen Bauarbeiten einiges an Zeit dadurch spa- ren, dass wir teilweise mit einer Fräßmaschine arbeiten konnten. Und auch durch die Eigen- arbeit bei der Verkabelung der Einzelkomponenten der Pumpenregelung haben wir Geld gespart.“

REHAU: Gab es auf der anderen Seite auch Probleme oder Hemmnisse bei der Planung oder Umsetzung des Nahwärmenetzes?

Helmut Engert: „Eigentlich ist alles problemlos verlaufen. Allerdings befinden wir uns hier in einem Wasserschutzgebiet, sodass es da einige Auflagen gab. Zum Beispiel musste die Biogasanlage doppelwandig und mit Schutzfolie ausgestattet werden. Außerdem dürfen wir ausgebaggertes Erdmaterial nicht einfach so zurück in den Graben füllen, da erst Analysen durchgeführt werden mussten, sodass wir hier letztlich zusätzliche Kosten hatten. Aber ich habe bei der Kostenplanung 20% für Unvorhergesehenes eingeplant und bisher haben wir 220.000 € für die Pumpen, die Leitungen, den Tiefbau und die Übergabestationen etc. be- zahlt und es fehlt nur noch der Asphalt. Das wird also hinhauen. Vielleicht wird es noch mal eine kleine Umlage geben, um die Zinsen zu reduzieren, bis die Förderung von der KfW, mit der wir fest rechnen, eingetroffen ist.“

REHAU: Was empfehlen Sie anderen Gemeinden, die ein ähnliches Vorhaben planen?

Helmut Engert: „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass sich die Bürger untereinander gut ver- stehen, das ist die Grundlage, um etwas auf die Beine stellen zu können. Missgunst ist da fehl am Platz. Außerdem braucht es starke Partner auf die man sich verlassen kann.“

REHAU: Herr Engert, vielen Dank für das Gespräch.

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